Wird ein Arbeitnehmer krank, braucht er eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
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Dr. Bierich informiert"Krankfeiern" und Party machen

Erkrankte Arbeitnehmer müssen nicht zwingend das Bett hüten, sondern haben vielmehr nur alles zu unterlassen, was den Heilungsverlauf gefährdet. Und eine ärztliche Krankschreibung trägt stets die Vermutung der Richtigkeit einer Erkrankung in sich. Ist allerdings die Erkrankung nur vorgetäuscht, kann im Einzelfall der Ausspruch einer fristlosen Kündigung gemäß § 626 BGB gerechtfertigt sein, wie eine aktuelle Entscheidung des Arbeitsgerichts Siegburg zeigt (Urteil vom 01.12.2022, AZ: 5 Ca 1200/22).

Der Fall: Eine im Pflegebereich tätige Arbeitnehmerin meldete sich für Samstag, 02.07.2022 und Sonntag, 03.07.2022 krank – sie war für diese Tage zum Spätdienst eingeteilt. Gleichwohl besuchte die spätere Klägerin die sogenannte „White Night Ibiza Party“ in einer örtlichen Partylocation. Bei bester Feierlaune und bester Gesundheit postete sie von sich selbst Partyfotos aus der Diskothek in ihrem Whatsapp-Status; auch auf der Internetseite des Partyveranstalters fanden sich Fotos von ihr. Als der Arbeitgeber von diesem Verhalten Kenntnis erlangte, kündigte er das Arbeitsverhältnis fristlos. Die Arbeitnehmerin erhob daraufhin Kündigungsschutzklage und legte nachträglich eine auf den 04.07.2022 datierte Arbeitsunfähigungsbescheinigung vor, die wegen einer zweitägigen angeblichen psychischen Erkrankung vom behandelnden Arzt online ausgestellt worden war.

Vor dem Arbeitsgericht Siegburg blieb die Klage allerdings erfolglos. Die fristlose Kündigung sei wegen des Vorliegens eines wichtigen Grundes wirksam, so das Gericht. Die Klägerin habe ihre Erkrankung nur vorgetäuscht, was durch die stimmungsvollen Partyfotos belegt sei. Der Beweiswert der nachträglich vorgelegten AU-Bescheinigung sei damit erschüttert worden. Zudem habe die Klägerin ihrem Arbeitgeber noch am 05.07.2022 mitgeteilt, dass sie sich wegen Grippesymptomen unwohl und fiebrig gefühlt habe und deshalb nicht zur Arbeit erschienen sei. Diese Aussage stehe im Widerspruch zur angeblichen zweitägigen psychischen Erkrankung; derartige kurzfristige psychische Erkrankungen gebe es nicht. „Gelogen ist gelogen“, so das Gericht und hielt es aufgrund des derart betrügerischen Verhaltens der Klägerin für den Arbeitgeber auch für unzumutbar, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen. Denn die Duldung des entsprechenden Verhaltens hätte eine verheerende Signalwirkung auf die weiteren Arbeitnehmer des beklagten Arbeitgebers.



Dr. jur. Andreas Bierich, Fachwanwalt für Arbeitsrecht
Schmitz / Handwerkskammer
Dr. jur. Andreas Bierich, Fachwanwalt für Arbeitsrecht



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