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Dr. Bierich informiertDas Osterfeuer, drei Europaletten und die Kündigung

Jedes Jahr lädt der örtliche Sportverein oder die Feuerwehr zum traditionellen Osterfeuer ein. Und damit die Flammen auch lange lodern können, wird vorab zur Holzsammlung aufgerufen. Dass es aber keine gute Idee ist, ungefragt Gegenstände aus dem Betrieb für das Osterfeuer beizusteuern, musste ein Arbeitnehmer in einem Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Köln erfahren, selbst wenn es für ihn glimpflich ausgegangen ist (Urteil vom 06.07.2023, Az.: 6 Sa 94/23).

Der Fall: Der später beklagte Arbeitgeber informierte alle Beschäftigte am 10.03.2022, dass das Lager ausgemistet werde; zahlreiche Plastikboxen und Kisten ständen zur freien Mitnahme bereit. Einem bei dem Arbeitgeber seit 2010 beschäftigten Produktionsleiter war im Vorfeld bekannt, dass sich die Aktion ausschließlich auf die genannten Gegenstände bezog. Am 18.03.2022 wies der Produktionsleiter und spätere Kläger einen Mitarbeiter an, drei Europaletten in das Privatfahrzeug seiner Ehefrau zu laden. Diese brachte die Paletten anschließend zum Sportplatz, wo sie später beim vom örtlichen Sportverein organisierten Osterfeuer als Brennholz dienten. Ob es sich dabei um neue oder beschädigte Paletten handelte, war später zwischen den Parteien streitig. Es habe sich, so der Produktionsleiter im Rahmen eines Personalgesprächs zum Vorwurf des Diebstahls am 24.03.2022, um wertlosen Schrott gehandelt, der zum Verbrennen bestimmt gewesen sei. Die Beklagte kündigte anschließend das Arbeitsverhältnis am 29.03.2022 fristlos und hilfsweise fristgerecht zum 31.07.2022.

Zu Unrecht, so das LAG Köln und erklärte sowohl die außerordentliche als auch die ordentliche Kündigung für unwirksam. Zwar sei das Verhalten des Klägers „an sich“ geeignet, als wichtiger Grund eine außerordentliche Kündigung i.S.d. § 626 BGB zu rechtfertigen. Zu Gunsten des beklagten Arbeitgebers nahm das Gericht zunächst an, dass es sich um neuwertige Paletten handelte. Allerdings sei der Wert der Paletten mit ca. 50 € zu gering, die Tat zu wenig heimlich und das Gesamtbild der Tat - Verbrennen der Paletten beim Osterfeuer - zu banal. Mangels des Vorliegens einer einschlägigen Abmahnung sei der Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung im Ergebnis unverhältnismäßig. Und auch vor dem Ausspruch einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung gem. § 1 Abs. 1 KSchG hätte als milderes Mittel nach langjähriger beanstandungsfreier Beschäftigung zunächst eine Abmahnung ausgesprochen werden müssen.



Dr. jur. Andreas Bierich, Fachwanwalt für Arbeitsrecht
Schmitz / Handwerkskammer
Dr. jur. Andreas Bierich, Fachwanwalt für Arbeitsrecht



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