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Dr. Bierich informiertFlamingotanz, Rheinschwimmen - so geht Betriebsfeier (gar nicht)

Die Betriebsfeier ist für Arbeitnehmer und auch für Arbeitgeber eine willkommene Abwechslung zum hektischen Betriebsalltag. Dabei dient sie als bewährtes Mittel zur Förderung eines guten Arbeitsklimas, stärkt den Teamzusammenhalt sowie die Mitarbeiterbindung. Allerdings sind bei einer Betriebsfeier die sonst für Arbeitnehmer am Arbeitsplatz geltenden Benimmregeln nicht außer Kraft gesetzt. Und wenn es ein Arbeitnehmer bei lockerer Atmosphäre mit seinem Verhalten übertreibt, riskiert er die Kündigung, wie ein durch Vergleich beendetes Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf verdeutlicht (Vergleich vom 18.07.2023, Az.: 3 Sa 211/23).

Der Fall: Ein als Trainee beim später beklagten Arbeitgeber beschäftigter Arbeitnehmer nahm im September 2022 an einer für alle Beschäftigten ausgerichteten Betriebsfeier teil. Veranstaltet wurde diese auf einem extra dafür angemieteten Restaurant- und Partyschiff am Kölner Rheinufer. Alkohol wurde für die 220 Mitarbeiter schon ab 14 Uhr ausgeschenkt. Um 22 Uhr sprang der Trainee nur mit einer Unterhose bekleidet vom Ufer aus in den Rhein, schwamm zum Schiff und lief über das Deck an den versammelten Mitarbeitern vorbei zum Ausgang. Der Arbeitgeber kündigte darauf das Arbeitsverhältnis wegen Störung des Betriebsfriedens – der Trainee habe sich selbst und andere, die ihn möglicherweise hätten retten wollen, gefährdet – fristlos. Der Trainee erhob Kündigungsschutzklage mit der Begründung, er habe nur Spaß haben wollen.

Im Verfahren vor dem LAG kam auch ein weiteres Fehlverhalten des Trainees auf einer Betriebsfeier zuvor zur Sprache: Einige Monate zuvor hatte der Trainee – auch hier gab es für die Mitarbeiter einen kostenlosen Alkoholausschank an der Rooftop-Bar – einen lebensgroßen pinken Deko-Flamingo hochgehoben, mit ihm angeblich getanzt und Fotos gemacht. Dabei wurde der Flamingo auch beschädigt. Allerdings versäumte es der Arbeitgeber, den Trainee für sein Verhalten förmlich abzumahnen, sondern sprach nur eine Ermahnung aus. Das LAG hielt im Ergebnis die außerordentliche Kündigung wegen eines Formfehlers bei der Anhörung des Betriebsrates für unwirksam: Denn gegenüber dem Betriebsrat hatte der beklagte Arbeitgeber irrtümlich angegeben, der verheiratete Trainee sei ledig. Zudem wurde fälschlicherweise behauptet, der Arbeitnehmer sei nackt in den Rhein gesprungen; tatsächlich war der Trainee mit einer Unterhose bekleidet. Und an einer der fristlosen Kündigung vorausgegangenen Abmahnung fehlte es, wie das LAG zu Recht feststellte, ebenfalls. Trotz mehrfachen und eindringlichen Vorschlags des Gerichts auf Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen eine hohe Abfindung, wollte der Trainee sein Arbeitsverhältnis bei seinem Arbeitgeber unbedingt fortsetzen.

Im Ergebnis schlossen die Prozessparteien einen entsprechenden Vergleich – eine Alternative gab es für den Arbeitgeber nicht. Tipp: Bei einer verhaltensbedingten Kündigung ist in der Regel der vorherige Ausspruch einer Abmahnung erforderlich. Nur in sehr gravierenden Fällen kann der Arbeitgeber ohne sie kündigen – das „ausgelassene Verhalten“ des Trainees wahr wohl aus Sicht des LAG  kein solcher Fall.



Dr. jur. Andreas Bierich, Fachwanwalt für Arbeitsrecht
Schmitz / Handwerkskammer
Dr. jur. Andreas Bierich, Fachwanwalt für Arbeitsrecht



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