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Info zur "Druckkündigung"Die Kollegen und die unbeliebte Führungskraft

Eine "Druckkündigung" ermöglicht dem Arbeitgeber die Kündigung eines Arbeitnehmers ohne Vorliegen verhaltens- oder personenbedingter Gründe, wie sie das Kündigungsschutzgesetz verlangt. Die Voraussetzungen an diese Kündigung sind allerdings sehr streng: Der Druck, der den Arbeitgeber zum Ausspruch einer Kündigung bewegt, muss von Dritten wie zum Beispiel Kollegen ausgeübt werden, die die Entlassung eines bestimmten Kollegen fordern und anderenfalls mit Eigenkündigungen drohen. Das Arbeitsgericht Nordhausen (Urteil vom 13.07.2022, Az.: 2 Ca 199/22) musste entscheiden, ob ein solcher Druck in jedem Fall eine fristlose oder fristgemäße Kündigung gemäß § 626 BGB rechtfertigen kann.

Der Fall: Über eine Kita-Leiterin kam es im September 2021 zu Beschwerden aus dem Team der Erzieher bei deren städtischem Arbeitgeber. Dieser führte zunächst ein Personalgespräch und veranstaltete einen Team-Workshop; ein darauf folgender Mediationsversuch wurde ohne Erfolg abgebrochen. Anschließend führte der Arbeitgeber eine schriftliche Befragung unter den Teammitgliedern durch mit der Bitte, in Anbetracht der vorangegangenen Konflikte das Fehlverhalten der Kita-Leiterin zu benennen. Im März 2022 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgemäß.

Zu Unrecht, so das Arbeitsgericht Nordhausen und ließ die Begründung des Arbeitgebers, die Teammitglieder hätten massiven Druck ausgeübt und zu einem erheblichen Teil mit Eigenkündigung gedroht, nicht gelten. Denn Voraussetzung für den Ausspruch einer Druckkündigung sei stets, dass sich der Arbeitgeber zunächst schützend vor den Arbeitnehmer stellt. Nur wenn auf diese Weise die Drohung nicht abgewendet werden kann und bei der Verwirklichung der Drohung schwere wirtschaftliche Schäden für den Arbeitgeber drohen würden, sei eine Druckkündigung sozial gerechtfertigt. Im zu entscheidenden Fall sah das Gericht in diesem Punkt Versäumnisse im Verhalten des Arbeitgebers. Die zunächst durchgeführten Gespräche und eine gescheiterte Mediation führen nach Auffassung des Gerichts zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Denn diese Maßnahmen hätten vor den Eigenkündigungsandrohnungen der anderen Mitarbeitenden stattgefunden. Die Rechtsprechung fordere dagegen ein „schützend vor den Arbeitnehmer Stellen“ zeitlich nach den erfolgten Drohungen. Zudem habe die suggestive Fragen beinhaltende Umfrage bei den Mitarbeitenden diese möglicherweise zu Eigenkündigungsandrohungen motiviert. Ein „wichtiger Grund“ im Sinne des § 626 BGB für den Ausspruch einer fristlosen Kündigung liege ebenso wie eine soziale Rechtfertigung der Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG nicht vor; der Arbeitgeber wurde im Ergebnis zur Weiterbeschäftigung der Kita-Leiterin verurteilt.

Dr. jur. Andreas Bierich, Fachwanwalt für Arbeitsrecht
Schmitz / Handwerkskammer
Dr. jur. Andreas Bierich, Fachwanwalt für Arbeitsrecht



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