Der Orgel- und Harmoniumbauer Florian Fay kümmert sich um die Generalüberholung der Orgel im Braunschweiger Dom.
Schmitz / Handwerkskammer

Sein Handwerk gehört zum Immateriellen Kulturerbe der Menschheit: Florian Fay ist Orgel- und Harmoniumbauer. Braunschweigs letzter Orgelbauer

Mit seiner Orgelbauwerkstatt ist er einer von nur noch sechs Orgelbauern, die im Bezirk der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade diesem Handwerk nachgehen. Am 19. April startet für ihn und sein Team ein ganz besonderes Projekt: die Generalüberholung der Braunschweiger Domorgel. Die letzte Überholung dieser Art fand im Jahr 2003 statt. „Nach 18 Jahren ist es für eine erneute Generalüberholung zwar relativ früh, aber damals wurden nicht alle Bauteile begutachtet. Außerdem spielt uns die durch Corona eingeschränkte Nutzung des Doms in die Karten“, erzählt Fay. Für die nun anstehende Sanierung der fast 60 Jahre alten Domorgel wird nämlich nicht nur viel Zeit, sondern auch eine Menge Platz benötigt. „Wir müssen das Instrument bis auf das Gehäuse und die Kernbestandteile demontieren. In einem Seitenschiff des Doms wird deshalb ein Bereich abgetrennt, den wir für die Sanierungsarbeiten nutzen können“, berichtet der Orgelbauer. Rund 4.500 Pfeifen müssen gesichtet und gereinigt werden. Die Größen der Pfeifen reichen von wenigen Zentimetern bis hin zu sieben Metern. Außerdem muss die Mechanik der Orgel begutachtet und gegebenenfalls Teile ausgetauscht werden, wenn das verwendete Aluminium durch die Dauerbelastungen im Laufe der Zeit brüchig geworden ist. „Wenn es gut läuft, brauchen wir die großen Pfeifen nicht zu demontieren. Jede Bewegung birgt immer ein Risiko und wenn diese großen Metallpfeifen hingelegt werden, können sie sich sehr schnell durch ihr Eigengewicht eindrücken“, sagt Fay. Die Arbeiten werden voraussichtlich bis in den Herbst dauern.

Orgelwartungen machen zwar mittlerweile den Großteil seines Tagesgeschäfts aus, aber Projekte dieser Größenordnung sind auch für Florian Fay nicht alltäglich. Den Orgelbau an sich übt er allerdings immer seltener aus. Zwar sind zahlreiche Kleininstrumente und  einige halbe Neubauten, also die Fertigstellung von begonnenen Neubauten, in seiner Orgelbauwerkstatt entstanden, aber die  Nachfrage nach neuen Orgeln sei einfach nicht mehr vorhanden. „Der Markt ist gesättigt und die im zweiten Weltkrieg zerstörten Orgeln sind mittlerweile alle ersetzt worden“, erzählt der Orgelbauer. Umso glücklicher ist Fay, dass er 2018 dennoch einen Orgelneubau in der Evangelisch-lutherischen Kichengemeinde „Zum Heiligen Leiden Christi“ im Braunschweiger Stadtteil Stöckheim umsetzen konnte. Die Herausforderung an diesem Projekt bestand darin, auf sehr begrenztem Raum eine Orgel zu errichten, die für alle gottesdienstlichen Ereignisse stimmungsvolle Musik in verschiedenen Lautstärken realisieren kann. Hierfür wurde ein sogenannter Schwellkasten genutzt, der als Gehäuse um das Orgelinnere herum konstruiert wurde und normalerweise nur in  größeren Kirchen zum Einsatz kommt. In ihm befi ndet sich ein Teil der Pfeifen und durch das Öff nen oder Schließen der am Schwellkasten installierten Ventile kann die Lautstärke dieser Pfeifen reguliert werden. Für Florian Fay war diese Orgel etwas ganz Besonderes: „Ein Neubau ist immer ein Highlight, weil er von der Idee bis zur Fertigstellung ein Gesamtkunstwerk darstellt.“

Der Orgel- und Harmoniumbauer Florian Fay kümmert sich um die Generalüberholung der Orgel im Braunschweiger Dom.
Schmitz / Handwerkskammer

Wie eine Orgel funktioniert

In der Orgel gibt es eine Vielzahl von Tonerzeugern, nämlich die Pfeifen. Damit die Pfeifen einen Ton erzeugen können, brauchen sie einen Luftstrom, den sogenannten Orgelwind. Aus diesem Grund ist die Orgel in die Familie der Blasinstrumente einzuordnen. Der Luftstrom wird durch einen Winderzeuger in ein Balgsystem, die sogenannte Windlade, geleitet. Von der Windlade aus muss  sichergestellt werden, dass der Luftstrom genau in diejenige Pfeife strömt, die den Ton abgeben soll. Dafür befinden sich unter den auf der Windlade stehenden Pfeifen Ventile, die den Windstrom abstoppen und in dem Moment, in dem das Ventil geöffnet wird, den Orgelwind in die Pfeife strömen lassen. Die Öffnung des Ventils wird mit dem Tastendruck auf der Klaviatur gesteuert. Die Verbindung zwischen Taste und Ventil kann dabei mechanisch, pneumatisch oder elektrisch erfolgen. Dieser Mechanismus muss so gestaltet werden, dass diese Repetition in Bruchteilen einer Sekunde erfolgen kann und das Spielen auch über eine längere Zeit ermüdungsfrei und ohne Nebengeräusche möglich ist.

Der Orgel- und Harmoniumbauer Florian Fay kümmert sich um die Generalüberholung der Orgel im Braunschweiger Dom.
Schmitz / Handwerkskammer