Ausbildungspressekonferenz des niedersächsischen Handwerks 2025

Robuste Wirtschaftslage und offene Ausbildungsplätze bieten viele Chancen und Potentiale

Das Handwerk bleibt auch in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten in Niedersachsen ein verlässlicher Ausbilder und Stabilitätsanker. Das zeigt die aktuelle Ausbildungsumfrage der Landesvertretung der Handwerkskammern Niedersachsen e.V. (LHN). „Handwerk wird gebraucht für die Schaffung von Wohnraum, Infrastruktur, Klimaschutz und die Versorgung vor Ort“, stellt Detlef Bade, stellvertretender Vorsitzender der LHN und Präsident der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade im Rahmen der Ausbildungspressekonferenz der niedersächsischen Handwerkskammern in Hannover klar. Die über 800 landesweit befragten Ausbildungsbetriebe aus den unterschiedlichen Handwerksbranchen bewerten ihre wirtschaftliche Ausgangslage vor dem Hintergrund des hohen Bedarfs an handwerklichen Leistungen insgesamt als sehr robust. Gleichzeitig wird allerdings jeder vierte Ausbildungsbetrieb nach eigener Einschätzung 2025 nicht alle seine Ausbildungsplätze besetzen können.

„Viele Jugendliche wissen zum Ausbildungsstart noch nicht, was sie nach ihrem Schulabschluss tun wollen. Bundesweit verbleiben – laut Berufsbildungsbericht der Bundesregierung - 2,9 Millionen junge Menschen ohne Studien- oder Berufsabschluss. Rein rechnerisch wären das allein in Niedersachsen unglaubliche 290.000, die ihre Chancen aus unterschiedlichen Gründen nicht nutzen und an vielen Stellen als Fachkräfte fehlen“, so der Spitzenvertreter des niedersächsischen Handwerks.

„Wir müssen die Chancen eines besseren Matchings nutzen“, betont Bade. „Denn in einem guten Matching stecken viele Chancen für junge Menschen – aber auch für die Ausbildungsbetriebe, für die Wirtschaft und für die Gesellschaft insgesamt“.

„Es gibt unter den jungen Menschen ein hohes Maß an Verunsicherung, unter anderem durch die Spätfolgen von Corona, die Energie- und Klimakrise, kriegerische und wirtschaftliche Konflikte und Wohnungsnot“, hält Bade fest. Gemäß der befragten Ausbildungsbetriebe gewinnen zugleich Themen wie Work-Life-Balance und Achtsamkeit eine größere Bedeutung. Beiden Entwicklungen müsse in den Ausbildungsbetrieben Rechnung getragen werden, betont Bade.

Bei der Suche nach Auszubildenden sind Schulnoten für die meisten befragten Ausbildungsbetriebe schon lange nicht mehr ausschlaggebend. Sie schätzen Motivation, Teamfähigkeit, Disziplin, Umgangsformen und Zuverlässigkeit deutlich mehr. Gleichzeitig zeigt sich in ihren Bewerbungsgesprächen, dass für den Nachwuchs ein gutes Team, ein guter Verdienst wie auch eine moderne Arbeitsumgebung und eine erfüllende Tätigkeit wichtig sind.

Genau hier liegt für den Spitzenvertreter des Handwerks der Schlüssel: Es könnte matchen, nur wissen dies viele junge Menschen schlichtweg einfach nicht!

  • Gutes Team: Das gute Team wünschen sich die Handwerksbetriebe wie die jungen Menschen. In den überwiegend kleinen und mittleren Handwerksbetrieben sind die Teams klein, die Stimmung ist in der Regel familiär. Man zieht an einem Strang. Da muss das Team passen.
  • Guter Verdienst: Viele junge Menschen unterschätzen laut Umfrage die guten Verdienstmöglichkeiten und die Karrierechancen im Handwerk. Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) hat schon vor Jahren darauf aufmerksam gemacht, dass mehr als jeder vierte Meister oder Techniker einen höheren Stundenlohn hat als ein
  • Durchschnittsakademiker. Rund ein Viertel der Akademiker verdient sogar weniger.
  • Moderne Arbeitsumgebung: Vielfach wird die Innovationskraft und der Umgang mit moderner Technik im Handwerk unterschätzt. In vielen Betrieben sind z.B. KI und Robotik Zukunftsthemen.
  • Erfüllende Tätigkeit: Die Bedeutung des Handwerks ist immens für die Gesellschaft, sowohl im täglichen Miteinander als auch in der Gestaltung der Zukunft. Eine handwerkliche Ausbildung verbindet Praxis mit Verantwortung, Erfolg mit Gemeinschaft und Entwicklung mit Verlässlichkeit.

 

Mit dem Renteneintritt der Baby-Boomer werden weitere Engpässe am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt erwartet. Schon jetzt sind im Handwerk viele Menschen mit Zuwanderungsgeschichte tätig. „Sie sind im Handwerk in den unterschiedlichsten Funktionen unverzichtbar und ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft“, betont der Spitzenvertreter des Handwerks. Mit Blick auf eine gezielte Anwerbung im Ausland gibt es im Handwerk eine große Offenheit. Allerdings fürchtet jeder zweite der sich als nicht interessiert gezeigten Betriebe, dass die Integration in den Betrieb ihn überfordern könnte, 40 Prozent schreckt der hohe bürokratische Aufwand und 30 Prozent glauben den gestellten Anforderungen, z.B. bei der Wohnungssuche nicht entsprechen zu können. Diese Antworten machen deutlich, dass ein klares Unterstützungs- und Begleitkonzept erforderlich ist, wenn auch für kleine und mittlere Betriebe internationale Anwerbeaktivitäten Erfolg haben sollen.

Die Ausbildungsumfrage zeigt: Das Handwerk ist bereit, jungen Menschen eine Perspektive zu geben – ob aus der Region oder aus dem Ausland. Bade setzt auf eine bessere Berufsorientierung in den Schulen, auf eine professionelle Berufsberatung und nicht zuletzt auf die Unterstützung und Begleitung durch die Eltern. Er appelliert an Politik und Gesellschaft, an Schulen, Berufsberatung und Elternhäuser, gemeinsam an den richtigen Stellschrauben zu drehen:

  1. Mehr Begeisterung für Handwerk zeigen und weitergeben,
  2. die duale Ausbildung bei der Berufswahlentscheidung gleichwertig neben ein Studium stellen,
  3. frühe und praxisnahe Berufsorientierung in Schule und Alltag und
  4. Rahmenbedingungen, die Integration ermöglichen und erleichtern, gewährleisten.


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