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Arbeitgeber trägt die BeweislastZugang einer E-Mail

E-Mails sind im Arbeitsalltag als einfaches und effizientes Kommunikationsmittel nicht mehr wegzudenken. Dies betrifft auch die Kommunikation zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Doch sollte der Arbeitgeber nie - insbesondere, wenn es um die Einhaltung konkreter Fristen geht - leichtfertig darauf vertrauen, dass die betreffende E-Mail auch zugegangen ist. Dies verdeutlicht eine aktuelle Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln (LAG Köln, Urteil v. 11.01.2022, Az: 4 Sa 315/21).

Der Fall: Die Parteien stritten darüber, ob ein Beschäftigungsangebot des Arbeitgebers per E-Mail fristgerecht beim Arbeitnehmer eingegangen war. Die Frist war relevant aufgrund einer Darlehensvereinbarung im Zusammenhang mit einer Fortbildung; bei fristgerechtem Beschäftigungsangebot hätte der Arbeitnehmer das Darlehen in Raten zurückzahlen müssen. Laut Arbeitgeber schickte dieser die E-Mail am letzten Tag der maßgeblichen Frist und behielt anschließend monatlich 500 Euro vom Gehalt ein. Dagegen wehrte sich der Arbeitnehmer und erhob Zahlungsklage. Im Prozess verwies der Arbeitgeber auf sein Postausgangs- und eingangskonto, wonach die E-Mail verschickt wurde und es keine Meldung der Unzustellbarkeit gegeben habe. Anders der Arbeitnehmer, der die Mail erst drei Tage nach Fristablauf erhalten haben wollte.

Das LAG Köln hat den monatlichen Einbehalt der 500 Euro als ungerechtfertigt angesehen und der Zahlungsklage des Arbeitnehmers stattgegeben. Denn nach Auffassung des Gerichts trifft den Absender einer E-Mail gemäß § 130 Abs. 1 S. 1 BGB die volle Darlegungs- und Beweislast für den tatsächlichen Zugang beim Empfänger. Das bloße rechtzeitige Absenden einer E-Mail durch den Arbeitgeber stellt keinen Anscheinsbeweis für deren Zugang beim Empfänger dar. Um sicherzustellen, dass eine E-Mail den Adressaten erreicht hat, habe der Versender die technische Möglichkeit, eine Lesebestätigung anzufordern.

Fazit: Wenn es um die Einhaltung von wichtigen Fristen im Rechtsverkehr geht, ist es sinnvoll, eine Lesebestätigung beim Empfänger einer E-Mail anzufordern. Arbeitgeber sollten auch in Erwägung ziehen, fristgebundene Willenserklärungen wie eine Kündigung vorsorglich in Form eines Schreibens idealerweise durch die Einschaltung eines Boten zu übermitteln.

 

Dr. jur. Andreas Bierich, Fachwanwalt für Arbeitsrecht
Handwerkskammer
Dr. jur. Andreas Bierich, Fachwanwalt für Arbeitsrecht



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