Symbolbild Dachdecker bei der Arbeit.
argum / Falk Heller

TitelthemaWenn der Kunde nicht zahlt

Kunden sind nicht immer glücklich über geleistete Arbeiten und zahlen ihre Rechnungen im Anschluss anstandslos. Häufig gibt es Reaktionen wie: „Den Lohn für den Auszubildenden bezahle ich nicht, der Hilfsarbeiter hat nur die Leiter festgehalten.“ Dachdeckermeisterin Joana Wegner reagierte öffentlich auf eine derartige Rechnungskürzung und bekommt viel Zustimmung.

Streit um Handwerkerrechnung

Interview mit Sören Janke, Abteilungsleiter Vertrags- und Handwerksrecht / Sachverständigenwesen zum Thema Streit um Handwerkerrechnungen

Interview Streit um Handwerkerrechnung

 

Reaktionsflut und beeindruckende Solidarität nach Kundenbriefveröffentlichung

Dächer eindecken, Dachrinnen anbringen, Dachfenster installieren, Schornsteine reparieren sind Arbeiten, die Auszubildende im Dachdeckerhandwerk lernen sollen. Um sich diese Fertigkeiten anzueignen, muss viel zugeschaut, Erfahrungen gesammelt und Hilfstätigkeiten geleistet werden. Das ist alles Teil einer Ausbildung im Handwerk. Für Dachdeckermeisterin Joana Wegner ist die Ausbildung von Nachwuchs in ihrem Betrieb der Garant für das Fortbestehen ihrer Firma in Loxstedt. „Meine Fachkräfte bilde ich selbst aus, damit meine Kunden auch in ein paar Jahren noch Qualität erwarten können“, erklärt sie. Eine Ausbildung zur Fachkraft bedeute aber auch, dass der Weg dorthin ein paar Jahre dauert. Dennoch seien ein Lehrling, genauso wie eine Hilfskraft, insbesondere im Baugewerbe keineswegs überflüssiges Personal. „Auf dem Dach steht niemand alleine“, betont die Betriebsinhaberin. Das gebe schon die Berufsgenossenschaft vor. Selbstverständlich tauche dieser Kostenfaktor dann auch in der Rechnung an den Kunden auf, denn auch ein Lehrling bekomme seinen Lohn.  „Das führt immer mal wieder zu Beschwerden und Diskussionen“, erzählt die Meisterin. In den meisten Fällen seien die Kunden allerdings schnell einsichtig, wenn ihnen der Sachverhalt erklärt wird. „Gute Kommunikation ist hier alles, was zählt.“

Viele Presseanfragen und ein Beitrag im NDR-Fernsehen

Bei der jüngsten Weigerung einer Bauherrin, den Azubi-Stundenlohn auf ihrer Rechnung in Höhe von 35 Euro zu bezahlen, weil der Lehrling laut Kundin nur herumstand, musste Joana Wegner ihrem Ärger jedoch Luft machen: Sie stellte einen versendeten Brief an die Kundin ohne Namensnennung in die sozialen Netzwerke und bekam mehr als 1000 Reaktionen und Kommentare, allein auf Facebook. „Diese unglaubliche Reaktionsflut war nicht zu erwarten“, beschreibt sie. Nicht nur digital, auch persönlich wird sie noch immer angesprochen: Emails, Anrufe, Presseanfragen und Social-Media-Nachrichten reißen nicht ab, das NDR-Fernsehen kam vorbei, um einen Beitrag zu drehen. Dabei ging es der Betriebsinhaberin gar nicht mehr um das Geld. Auf das Erlassen der Lohnkosten hatte sie sich längst eingelassen: „Bei dem Lohn für eine Arbeitsstunde wäge ich ab, ob sich der Ärger mit einem uneinsichtigen Kunden lohnt.“ Dennoch sei der Unmut geblieben: „Ich hätte auch einen zweiten Gesellen zur Baustelle schicken können, dann wäre es deutlich teurer geworden.“ Außerdem sei die Einstellung gegenüber Auszubildenden nicht nachvollziehbar. „Ausbildung kostet jeden Betrieb Geld“, sagt Wegner. „Ohne Ausbildung keine Fachkraft und mangelnde Qualität.“ Das gelte nicht nur für das Dachdeckerhandwerk.

Dachdeckermeisterin Joana Wegner, Wegner Bedachungen GmbH & Co. KG
Wegner Bedachungen

Möchten Sie nicht weiterhin einen Handwerker geschickt bekommen, wenn es mal wieder einen Sturm gab, die Elektrik einen Fehler hat oder die Toilette nicht mehr spült?

Joana Wegner, Dachdeckermeisterin Wegner Bedachungen GmbH & Co. KG

Joana Wegner fragt in ihrem Brief an die Kundin: „Möchten Sie nicht weiterhin einen Handwerker geschickt bekommen, wenn es mal wieder einen Sturm gab, die Elektrik einen Fehler hat oder die Toilette nicht mehr spült?“ Irgendwann gebe es das Fachwissen für genau diese Tätigkeiten nicht mehr, wenn Betriebe keinen Nachwuchs generieren können.

In der Wegner Bedachungen GmbH werde mit Überzeugung ausgebildet und die Arbeit der Lehrlinge wertgeschätzt: „Sicherlich hält ein Azubi mal die Leiter fest, während der Geselle nach einem Leck am Dachfenster schaut. Es geht aber auch schneller, wenn das Material dann gleich bereitsteht oder Maschinen und Werkzeug angereicht werden.“ Joana Wegner hat große Zustimmung für ihren Social-Media-Post erhalten, insbesondere von anderen Betriebsinhabern in ganz Deutschland mit ähnlichen Problemen. „Mein Ziel war nicht die Reichweite meines Zorns zu maximieren, sondern für Umdenken und Verständnis zu plädieren“, betont die Meisterin. Dem Kunden hatte sie entsprechend nahegelegt, für künftige Dienstleistungen eine alternative Dachdeckerei zu kontaktieren.

Meine Fachkräfte bilde ich selbst aus, damit meine Kunden auch in ein paar Jahren noch Qualität erwarten können.

Joana Wegner, Dachdeckermeisterin Wegner Bedachungen GmbH & Co. KG

 www.wegner-bedachungen.de

Umgang mit schwierigen Kunden

1. Keine Angriffsfläche bieten

Pünktlich sein, sich beim Erstkontakt vorstellen, vorsichtig mit dem Eigentum des Kunden umgehen und sorgfältig arbeiten.

2. Den Kunden emotional abholen

Verständnis zeigen für die Situation des Gegenübers. So fühlt sich der Kunde gesehen, die negativen Emotionen lassen nach und damit ist die Grundlage geschaffen, ein sachliches Gespräch zu beginnen.

3. Nicht provozieren lassen

Den Kunden genau über die Arbeiten informieren. Immer auf Fragen antworten. Wenn der Kunde die Arbeit behindert, freundlich darauf hinweisen. Zugeben, wenn der Kunde mit Einwänden recht hat. Wenn tatsächlich mal ein Fehler passieren sollte, offen damit umgehen, sich nicht lange mit Erklärungen aufhalten und stattdessen Lösungsvorschläge machen.

 

Von schwierigen Kunden trennen

1. Einstellung überdenken

Nicht jeder Kunde ist wertvoll. Statt Zeit zu vergeuden, kann diese auch gut zur Akquise neuer Auftraggeber genutzt werden.

2. Auswahl treffen

Welche Kunden sind angenehm, welche nicht? Diese Entscheidung sollte nicht aus einer emotionalen Situation heraus, sondern wohlüberlegt gefällt werden.

3. Bedingungen festlegen

Unter welchen Bedingungen würden kann mit dem unangenehmen Kunden noch zusammengearbeitet werden? Vielleicht wird auch klar, dass mit dem einen oder anderen Kunden überhaupt nicht mehr zusammengearbeitet werden sollte.

4. Entscheidung kommunizieren

Teilen Sie dem Kunden sachlich mit, dass zum Beispiel zusätzlicher Aufwand ab sofort in Rechnung gestellt wird. Sich vom Kunden zu trennen wird am besten diplomatisch begründet. Keine Kapazitäten mehr zu haben, könnte so ein Grund sein.

Quelle: DHZ.net