Salon Haarwerk aus Braunschweig bildet einen Geflüchteten aus.
Handwerkskammer

TitelthemaFachkraft durch Integration

Viele Zugewanderte und Flüchtlinge haben großes Interesse daran, ein Handwerk zu erlernen. Die Handwerkskammer unterstützt bei der Integration in Handwerksbetriebe und vermittelt sowohl potenzielle Fachkräfte als auch Betriebe.

 

Flüchtling mit Gesellenbrief

Die Olbrich Elektroinstallationen GmbH hilft Flüchtlingen ins Handwerk.

Die Olbrich Elektroinstallationen GmbH hilft Flüchtlingen ins Handwerk.
Handwerkskammer

Nach Feierabend noch zwei Stunden weiterlernen, zu Hause Karteikarten mit Fachbegriffen schreiben und zusätzlich einen Deutschkurs besuchen war Alltag für Marwan Kawash aus Syrien während seiner Ausbildungszeit. 2015 kam er nach Deutschland. Geflohen vor dem Krieg, über die Türkei und Griechenland, war es für ihn zunächst schwierig allein im fremden Deutschland. „Ich wollte unbedingt arbeiten“, betont er. In Syrien hatte der 33-Jährige ein Elektriker-Zertifikat erworben. Keine schlechten Vorausetzungen für eine Lehre bei Olbrich Elektroinstallationen in Goslar. Der damalige Geschäftsführer Bernhard Olbrich stellte ihn ein, trotz Sprachbarriere: „Ich hatte keinerlei Bedenken hinsichtlich seiner praktischen Fähigkeiten“, erinnert er sich. Die nun bestandene Gesellenprüfung bestätigt Bernhard Olbrich in seiner Entscheidung für den syrischen Auszubildenden. Dennoch sei es kein leichter Weg gewesen. „Am schlimmsten waren die vielen Fachbegriffe“, sagt Marwan Kawash. Mehr als 800 Karteikarten mit speziellen Ausdrücken habe er vor der Abschlussprüfung gelernt. „Nach Feierabend hat der Chef noch Theorie und Praktisches mit mir geübt“, erzählt er. Das sei nicht selbstverständlich gewesen. Inzwischen hat Bernhard Olbrich einen Betrieb mit 65 Mitarbeitern an Marco Olbrich und Diana Schönjan übergeben. Beide schätzen Marwan Kawash als Mitarbeiter, würden wieder genauso handeln wie Bernhard Olbrich: „Das Unterstützen eines Zugewanderten oder Flüchtlings lohnt sich auf jeden Fall“, sagt Marco Olbrich. Er selbst sei vor der Betriebsübernahme bereits zehn Jahre im Betrieb gewesen, habe den tollen Umgang im Team erlebt: „Integration und die Motivation von Kollegen ist wichtig.“ Zurzeit gebe es zwei Praktikanten im Betrieb, einer aus Polen, einer aus dem Vietnam. „Beide haben viel Potenzial und sind an einer Ausbildung bei uns interessiert“, erzählt Diana Schönjan. Elf Auszubildende beschäftigt die Olbrich GmbH zurzeit. „Wir müssen unsere Fachkräfte selbst ausbilden, Flüchtlinge gehören für uns auch dazu“, sagen die beiden Geschäftsführer. Mehr Unterstützung wünschten sich allerdings beide bei der Behebung der Sprachbarrieren, aber auch bei der Berücksichtigung entsprechender Nachteile in Prüfungsabläufen. „Ohne die Hilfe meines Arbeitgebers hätte ich es nicht gepackt“, betont Marwan Kawash. Heute ist er stolz auf seinen Gesellenbrief und kann sich für die Zukunft weitere Karriereschritte im Handwerk vorstellen.

 www.bernhard-olbrich.de

 

Mahmoud Abdullah schaut gern in die Zukunft

Traum: Meistertitel und eigener Salon

Mahmoud Abdullah frisiert einen Kopf
Handwerkskammer

Den Meistertitel im Friseurhandwerk strebt auch Mahmoud Abdullah Alokla an. Der 17-jährige Syrer hat bei Haarwerk in Braunschweig ganz frisch seine Ausbildung begonnen. „Das war schon immer mein Ding“, erzählt er. In einem Barbershop in Salzgitter habe er erste Erfahrungen gesammelt. „Ich möchte gern das Friseurhandwerk lernen, mit allem was dazu gehört“, sagt der Lehrling. Dabei hatten sich die Betriebsinhaber des Salons, Sascha Vollmer und Silvio Christall, bereits für zwei Auszubildende im beginnenden Lehrjahr entschieden. Ein dritter sei nicht vorgesehen gewesen. Nach dem Probearbeiten war jedoch klar: „Wir wollten ihm die Chance geben – zu groß waren seine Motivation, das Talent und sein Engagement“, erklärt Sascha Vollmer. Im Team sei dann die Entscheidung getroffen worden: „Mahmoud startet als dritter Azubi.“ Dabei war auch klar, dass er mehr Unterstützung braucht. „Die Schule, Sprache und das Schreiben sind ein Problem“, erklärt Vollmer. Er ist aber zuversichtlich, dass diese Barrieren überwindbar sind. Der Auszubildende habe großes Interesse an allen Arbeiten im Salon, bringe sich ein, lerne schnell. Kundengespräche sind laut Mahmoud immer spannend, Foliensträhnchen probiert er mit Vorliebe aus. „Ich will hier in Deutschland unbedingt beruflich etwas erreichen“, sagt Mahmoud. Auch wenn er seine Heimat immer vermissen werde, hat er große Ziele: „Friseur ist ein toller Beruf, ich möchte einen Meistertitel haben und irgendwann meinen eigenen Salon besitzen.“ Das gesamte Team bei Haarwerk unterstütze ihn prima. „Irgendwann brauchen wir ja auch mal einen Nachfolger“, sagen die Geschäftsführer lächelnd.

 www.haar-werk.net

 

So kann die Integration gelingen

  1. Fragen Sie stets nach, damit man sich besser versteht.
  2. Nichts als selbstverständlich hinnehmen: Überlegen Sie, welche Motivation hinter dem jeweiligen Verhalten stecken könnte.
  3. Sprechen Sie Ihre Erwartungen und Regeln explizit an. Erklären Sie möglichst auch die Gründe dafür und warum Ihnen die Einhaltung wichtig ist.
  4. Bieten Sie Hilfe an: Fragen Sie öfter einmal, ob der Auszubildende Unterstützung benötigt.
  5. Interesse und Wertschätzung: Fragen Sie nach dem persönlichen Befinden, auch nach der Familie.
  6. Zeigen Sie Interesse an der Kultur des Gegenübers und fragen Sie auch nach, wie die Dinge im Heimatland geregelt werden.
  7. Kritik äußern - Ja, aber richtig: Äußern Sie sie möglichst unter vier Augen und erklären Sie das Wie und Warum.
  8. Seien Sie sich Ihrer Rolle als Vorgesetzter bewusst: Seien Sie verbindlich und wertschätzend.
  9. Sorgen Sie für einen Ansprechpartner: Stellen Sie dem Geflüchteten einen Paten an die Seite, der hilft, sich im Betrieb und in der deutschen Kultur zurechtzufinden.
  10. Achten Sie auf eine einfache Sprache, binden Sie mehr Mimik und Gestik mit ein. Kommentieren Sie das, was Sie tun und verwenden Sie so oft wie möglich Fachvokabular.
  11. Nutzen Sie Unterstützungsangebote: Die Handwerkskammer berät Sie gern.