Symbolbild Kündigung des Arbeitsvertrags
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Dr. Bierich informiertEine Kaffeepause mit Folgen

Welcher Arbeitnehmer kennt das nicht: Ein paar Minuten Pause von der Arbeit, um einen Kaffee mit Kollegen zu trinken, einen kleinen Plausch zu halten oder eine kurze Raucherpause einzulegen. Und der Arbeitgeber verlässt sich bei der vorgeschriebenen Arbeitszeitaufzeichnung darauf, dass der Arbeitnehmer für diese Pausenzeit ausstempelt. Anderenfalls würde diese ja vom Arbeitgeber als vergütungspflichtige Arbeitszeit behandelt. Versäumt der Arbeitnehmer allerdings das Ausstempeln, kann ein solches Verhalten selbst bei einem einzigen Vorfall sogar eine fristlose Kündigung gemäß § 626 BGB rechtfertigen, wie das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm aktuell entschieden hat (Urteil vom 27.01.2023, Az.: 13 Sa1007/77).

Der Fall: Eine beim Arbeitgeber seit acht Jahren beschäftigte schwerbehinderte Arbeitnehmerin traf sich im Oktober 2021 an einem Morgen in einem ihrem Betrieb gegenüberliegenden Café mit einer weiteren Person zum Kaffeetrinken. Allerdings hatte sie diese Pausenzeit weder beim Verlassen des Betriebes noch bei der Wiederaufnahme der Arbeit im Arbeitszeiterfassungssystem dokumentiert. Der Arbeitgeber, der die Kaffeepause von seinem Auto aus beobachtet hatte, konfrontierte die Arbeitnehmerin anschließend mit ihrem Fehlverhalten. Diese leugnete ihr Fehlverhalten zunächst beharrlich und gestand dieses erst ein, als der Arbeitgeber ankündigte, ihr Beweisfotos auf dem Handy zeigen zu wollen. Gegen die anschließend ausgesprochene fristlose Kündigung wehrte sich die Arbeitnehmerin mit einer Kündigungsschutzklage. Sie machte unter anderem geltend, dass es sich um ein einmaliges und nicht schwerwiegendes Verhalten handele. Das Ausstempeln für die 10-minütige Kaffeepause habe sie schlicht und einfach vergessen. Das Arbeitsverhältnis sei bis zu dem in Rede stehenden Vorfall beanstandungsfrei verlaufen; ihre lange Betriebszugehörigkeit und ihre Schwerbehinderung seien nicht berücksichtigt worden.

Das LAG Hamm erklärte die fristlose Kündigung trotz der vorgebrachten Argumente der Klägerin für rechtmäßig und wies die Klage ab. Nach Meinung des Gerichts habe die Klägerin vorsätzlich gehandelt; das schlichte Vergessen des Ausstempelns glaubten ihr die Richter nicht. Und da die Klägerin ihr Fehlverhalten im Personalgespräch zunächst so beharrlich mit Täuschungs- und Verschleierungsabsicht geleugnet habe, liege ein schwerer Vertrauensbruch gegenüber ihrem Arbeitgeber vor. Eine Abmahnung als milderes Mittel hielt das LAG Hamm dagegen nicht für erforderlich. Das „Nachtatverhalten“ der Klägerin habe die für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauensgrundlage zerstört, welche auch nach Ausspruch einer Abmahnung nicht mehr wiederherstellbar gewesen wäre.

Fazit: Die Arbeitsgerichte kennen in Fällen des Arbeitszeitbetruges durch Arbeitnehmer keine Nachsicht. In der Regel sollten Arbeitgeber aber zunächst mit einer Abmahnung reagieren, wenn nicht besondere Umstände wie im vom LAG Hamm entschiedenen Fall vorliegen, die ausnahmsweise eine sofortige fristlose Kündigung rechtfertigen.



Dr. jur. Andreas Bierich, Fachwanwalt für Arbeitsrecht
Schmitz / Handwerkskammer
Dr. jur. Andreas Bierich, Fachwanwalt für Arbeitsrecht



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