Dirk Grete hat seine Peiner Bäckerei nach langer Vorbereitungszeit übergeben und widmet sich neuen Aufgaben.
Bauerfeld / Handwerkskammer

TitelthemaDaueraufgabe Betriebsnachfolge

Bäckermeister Dirk Grete: "Die Betriebsübergabe lief perfekt."

Früh morgens 1000 Meter schwimmen, danach ein leckeres Frühstück, die eigenen Ziegen füttern, Eier aus dem Nest der Hühner holen, an der Werkstatt im Garten weiterbauen, Freunde treffen, Zeit haben. Als Betriebsinhaber im Handwerk und mittleren Alters kein denkbarer Tagesablauf. Für den Peiner Bäckermeister Dirk Grete aber bereits seit Betriebsübernahme 1999 genauso geplant und nun umgesetzt. „Ich hatte immer mein Ziel vor Augen“, sagt der 57-Jährige. Vor zwei Jahren hat er einen Nachfolger für seine Bäckerei mit elf Filialen und 128 Mitarbeitern gefunden. Sein Plan ging auf: „Ich habe Jahrzehnte alles meinem Unternehmen untergeordnet, dabei immer vor Augen gehabt, mit 55 Jahren aufzuhören.“ Für dieses Ziel habe er eine entsprechende Altersvorsorge aufbauen, Kredite und Finanzen entsprechend anlegen müssen. „Es darf kein Investitionsstau entstehen und dennoch muss der Cashflow über die Jahre stimmen“, erklärt Grete. Jahrelang sei er wie getrieben gewesen, habe stets gegen die Uhr gearbeitet. Zwölf Stunden Tage waren die Regel, genau wie Wochenenddienste.

Um einen Nachfolger habe er sich dann aktiv mit 51 Jahren gekümmert: „Es gab einige vielversprechende Bewerber und Verhandlungen, die sich dann aber wieder zerschlagen haben.“ Dabei war die zunächst erfolglose Suche recht breit aufgestellt: Zeitungsannoncen, ein Online-Inserat, viele Kontakte aus dem persönlichen Netzwerk. Glücklicherweise sei er über Umwege dem Berater beim Landesinnungsverband der Bäcker, Iljaz Leba, begegnet. Er habe sich nicht nur als kompetente Unterstützung, sondern selbst als interessierter Bäckermeister erwiesen. „Ich hatte auch ganz viel Glück, dass alles gepasst hat“, sagt Dirk Grete.

Ein Jahr lang hat er nach der Einigung seinen Nachfolger begleitet bei Einarbeitung, Firmenphilosophie und Leitung. „Am 30. Jahrestag meiner Meisterprüfung war alles entschieden“, erinnert sich der Handwerker. Tränen seien nach dem Übergabetag geflossen, die ersten Abende ohne Büroarbeit hart gewesen. Auch wenn das Loslassen gedauert hat: „Rückblickend bin ich sehr stolz darauf, meine anfängliche Vision am Ende umgesetzt zu haben.“ Mit Iljaz Leba pflege er inzwischen ein freundschaftliches Verhältnis. Der Kontakt sei immer noch regelmäßig. „Mit meiner frühen Betriebsübergabe bin ich sicherlich privilegiert“, räumt er ein. Aber die Arbeitswelt hat sich laut Grete auch stark verändert, Mitarbeiter setzen andere Prioritäten, die digitalen Möglichkeiten sind vielfältiger, das eigene Marketing muss entsprechend aufgestellt sein. „Das überlasse ich nun gern meinem 35-jährigen Nachfolger, der sich viel besser auskennt“, sagt der Peiner lächelnd. Er habe die perfekte Betriebsübergabe gehabt, die er von Anfang an als Daueraufgabe gesehen hat.

Bäckermeister Dirk Grete
Bauerfeld / Handwerkskammer

 www.landbaeckerei-grete.de

Tischlermeister Alexander Klug: "Das Vertrauen war längst da."

Tischlermeister Alexander Klug hat den Betrieb von seinem Chef übernommen. „Wir haben einmal die Rollen getauscht“, erzählt der 33-Jährige lächelnd. Schon zu Ausbildungszeiten habe er die frühe Selbstständigkeit im Kopf gehabt. Während seiner Gesellenzeit sei ihm im Betriebsalltag schnell viel Verantwortung übertragen worden. Den Meisterkurs habe er abends und am Wochenende in Teilzeit absolviert. „Ich habe viele besonders anspruchsvolle Projekte inklusive Aufmaß, Materialbestellung und Kundengespräch abgewickelt“, sagt der Meister. Daher habe ihm Carsten Semmler früh die Nachfolge zugetraut und angeboten. Den Suderburger Betrieb gemeinsam zu leiten, war zunächst das Ansinnen, auf das er sich jedoch nicht einlassen wollte. „Entweder ganz oder gar nicht“, betont Alexander Klug. „Ich hatte zwar Bedenken, von den Kollegen nicht als Vorgesetzter akzeptiert zu werden“, räumt er ein. „Da das Vertrauen aber längst da war, konnte ich alle abholen.“

Mit Transparenz und viel Kommunikation ist laut Alexander Klug das erste Jahr nach der Betriebsübernahme gut gelaufen. Er habe sogar zwei neue Mitarbeiter einstellen können. Dadurch wächst das Potenzial, den individuellen Gitarrenbau weiter auszubauen, der bisher kein Bestandteil des Firmenportfolios war. Neben der Bau-, Möbeltischlerei und dem Herstellen von Fensterbänken ist der Instrumentenbau auch seine große Leidenschaft: „Ich baue natürliche, nachhaltige Gitarren“, beschreibt er. Das Holz für die handgefertigten Instrumente sucht er selbst im heimischen Umland aus. Im Sinne der betrieblichen Nachhaltigkeit kaufe er ohnehin ausschließlich zertifiziertes Holz. Das werde auch seinen Kunden immer wichtiger. „Das ist eine Firmenphilosophie, auf die ich sehr stolz bin“, sagt Alexander Klug. Nun möchte der Betriebsinhaber erst einmal in ruhigeres Fahrwasser gelangen, bevor er das nächste Ziel verfolgt: „Alle wollen sich eher verkleinern wegen der zunehmenden Verantwortung - ich möchte noch wachsen.“

Tischlermeister Alexander Klug
Bauerfeld / Handwerkskammer

 www.tischlerei-alexander-klug.de

Nachfolge-Facts

Etwa 20 Prozent der Betriebsinhabenden im Bezirk der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade haben das 60. Lebensjahr bereits überschritten und müssen sich dringend Gedanken über eine Nachfolgeregelung machen. Der Generationswechsel im Handwerk ist von zentraler Bedeutung, um unternehmerisches Know-how und Innovationskraft zu sichern sowie Arbeits- und Ausbildungsplätze in der Region zu erhalten und auszubauen. Das belegen die Zahlen einer Sonderauswertung im Rahmen der jährlich erscheinenden Studie „Nachfolgemonitor" vom Verband Deutscher Bürgschaftsbanken, Creditreform und Zentralverband des Deutschen Handwerks. Der ZDH hat gemeinsam mit den 47 deutschen Handwerkskammern außerdem eine Befragung zum Thema ausgewertet.

Die Anzahl der Unternehmensübernahmen und -nachfolgen im Handwerk hat im Jahr 2021 gegenüber den Vorjahren deutlich zugenommen. Trotz der Pandemie war 2021 das Jahr mit den meisten Übernahmen seit 2014.

 

Zentrale Herausforderungen

Drei zentrale Herausforderungen für das Gelingen einer Betriebsübergabe sind für die Inhaber die Suche nach einem geeigneten Nachfolger (57 Prozent), die Ermittlung des Unternehmenswertes (40 Prozent) und steuerliche Aspekte (31 Prozent).

 

63,6 Durchschnittsalter

Das Durchschnittsalter der Übergebenden liegt bei 63,6 Jahren. 50 Prozent der Übergebenden sind bereits 63 Jahre oder älter. Das Durchschnittsalter der Übernehmenden beträgt 38,3 Jahre.

 

22 Prozent

22 Prozent der Handwerksbetriebe in Deutschland wollen laut der Umfrage des ZDHs in den kommenden 5 Jahren an einen Nachfolger übergeben. 11 Prozent geben an, den Betrieb innerhalb der nächsten fünf Jahre schließen zu müssen.

 

Übergabe in der Familie?

War es früher selbstverständlich, dass der Betrieb innerhalb der Familie übergeben wurde, so ist das heute nicht mehr automatisch der Fall. Es sind laut ZDH zwar immer noch 36 Prozent aller Unternehmen, in 12 Prozent übernimmt ein Mitarbeiter.



Optimale Betriebsübergabe

Interview mit Katharina Meier