Interview mit Katharina MeierOptimale Betriebsübergabe

Was ist der größte Fehler, den man als Betriebsinhaber bei einer Übergabe machen kann?

Katharina Meier: Einer der größten Fehler ist es, eine zu lange Übergangszeit zu vereinbaren und dabei mit zu vielen gutgemeinten Ratschlägen aufzuwarten. Nachfolger können sich in der Regel sehr gut selbst einschätzen und haben eine Vorstellung davon, wie ihre Selbstständigkeit aussehen soll. Mit der Übernahme wollen sie diese Vorstellung bestmöglich verwirklichen. Das gutgemeinte Engagement der Betriebsinhaber empfinden sie daher oft weniger als Hilfestellung, sondern eher als starres Korsett. Der Start des Nachfolgers in die Selbstständigkeit bekommt so einen Dämpfer und damit ist Konfliktpotenzial vorprogrammiert. 

Und wie lässt sich dieser Fehler vermeiden?

Katharina Meier: Unterstützung anzubieten ist vollkommen in Ordnung, aber der Nachfolger sollte selbst entscheiden können, in welcher Art und in welchem Umfang. Die Übergangszeit sollte außerdem nicht länger als drei Jahre dauern. Auch, wenn sich Übernehmer und Übergeber gut verstehen, müssen die Ansichten nicht immer die gleichen sein. Das kann dazu führen, dass der alte Chef sein Lebenswerk nicht genug wertgeschätzt fühlt und möglicherweise doch nicht mehr gut loslassen kann oder aber Nachfolger und Inhaber drohen sich zu entzweien. Dieser kritische Punkt ist in der Regel mit Ablauf der drei Jahre erreicht. Zudem ist zu beobachten, dass Mitarbeiter irgendwann die fachliche Meinung des neuen Inhabers eher einfordern, als die des alten Inhabers.

Gibt es den idealen Zeitpunkt für eine Betriebsübergabe oder ist das individuell verschieden?

Katharina Meier: Den idealen Zeitpunkt gibt es nicht. Denn eine Betriebsübergabe ist von vielen unterschiedlichen Faktoren abhängig, die Einfluss auf den Zeitpunkt haben. Viele Unternehmer glauben beispielsweise, dass der richtige Zeitpunkt an ein gewisses Lebensalter gebunden ist. In der Praxis hat sich hingegen bewährt, zunächst auf das eigene Gefühl zu achten: Wie groß ist der Wunsch nach Entlastung? Wie geht es gesundheitlich? Wie bereit bin ich, notwendige technologische oder andere Veränderungsprozesse noch einzuleiten und mitzugestalten? Wie groß ist das Unternehmen bzw. wie viele Menschen sind von der Entscheidung betroffen? Der richtige Zeitpunkt ist dann gekommen, wenn man „loslassen“ kann, ohne das Gefühl zu haben, etwas zu verlieren. Und dieser Zeitpunkt ist tatsächlich individuell verschieden.

Wieviel Zeit sollten Betriebsinhaber einplanen für den Übergabeprozess?

Katharina Meier: So unterschiedlich die Beweggründe und der Zeitpunkt sind, so unterschiedlich fällt auch die Dauer des Übergabeprozesses aus. Manche Nachfolgen regeln sich innerhalb von drei Monaten, andere dauern drei bis sieben Jahre. Je größer das Unternehmen ist, desto komplexer ist aber in der Regel auch der Übergabeprozess und damit die Dauer. Zudem sind auch die persönlichen Aspekte aller Beteiligten individuell zu betrachten. Wo viele Interessen aufeinandertreffen, sollte also ausreichend Zeit eingeplant werden. Dann sind die restlichen Schritte meist schnell getan.

Und wann ist es definitiv zu spät, um eine Übergabe noch erfolgreich in die Wege zu leiten?

Katharina Meier: Schwierig ist es immer dann, wenn man aus einer finanziellen Notlage heraus versucht, sich mit einer Betriebsübergabe zu retten. Wenn ersichtlich ist, dass das Unternehmen schon auf dem Weg der Liquidierung ist, ist es in der Regel sehr schwierig, einen Nachfolger für die Betriebsübernahme zu begeistern. Wenn man als Übergeber bereits selbst die Meinung vertritt, dass die Selbstständigkeit zur Belastung geworden ist und dass man eigentlich Niemandem raten kann, den Weg in die Selbstständigkeit zu wagen, dann ist es eigentlich zu spät. Diese innere Haltung spüren die Nachfolger immer! Und warum sollten sie sich für ein Unternehmen begeistern, von dem der Inhaber selbst nicht mehr überzeugt ist? Daher ist es wichtig, die Übergabe rechtzeitig in die Wege zu leiten.