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Schmitz / Handwerkskammer

Rechtsanwalt Dr. jur. Andreas Bierich erklärt, was gilt, wenn ein*e Arbeitnehmer*in während des Urlaubs in Quarantäne muss.Corona-Quarantäne während der Urlaubszeit

Erkrankt ein Arbeitnehmer im Urlaub, werden diese Tage gemäß § 9 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) nicht auf den Jahresurlaub angerechnet. Denn Arbeitsunfähigkeit und Urlaub schließen sich grundsätzlich aus. Allerdings muss der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit durch ein ärztliches Attest nachweisen. Doch was gilt, wenn sich der Arbeitnehmer während seines Urlaubs auf Anordnung des Gesundheitsamtes in Quarantäne begeben muss, aber keine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für diesen Zeitraum vorlegt?

Der Fall: Ein Arbeitgeber hatte einem seiner Arbeitnehmer den von ihm beantragten Urlaub genehmigt. Während des Urlaubs musste sich der Arbeitnehmer auf Anordnung des Gesundheitsamtes genau in diesem Zeitraum in Quarantäne begeben. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch einen Arzt ließ sich der Arbeitnehmer nicht ausstellen. Der Arbeitgeber zahlte für die beantragte Zeit Urlaubsentgelt und zog die Tage vom Urlaubskonto des dagegen klagenden Arbeitnehmers ab.

Zu Recht, so das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein (Urteil v. 15.02.2022, Az: 1 Sa 208/21). Eine analoge Anwendung von § 9 BUrlG komme wegen seines Ausnahmecharakters nicht in Betracht. Denn während für besondere Umstande wie zum Beispiel den Mutterschutz explizit spezielle Regelungen geschaffen worden sind, habe der Gesetzgeber für die Quarantäne bewusst solche Normen nicht geschaffen. Es fehlt daher an einer Regelungslücke. Insbesondere sei eine angeordnete Quarantäne unter Berücksichtigung des Gleichheitsgrundsatzes nicht mit der Arbeitsunfähigkeit während des Urlaubs gleichzusetzen. Vorgaben für den Arbeitnehmer, wie er seinen Urlaub verbringen will, gibt es nicht. Wie der Arbeitnehmer sich erhole, bleibe allein ihm überlassen, so das LAG. Auch in der Quarantäne sei Urlaub möglich.

Das LAG Köln (Urteil v. 13.12.2021, Az: 2 Sa 488/21) kommt in einem ähnlich gelagerten Fall zum gleichen Ergebnis: Zum einen steht die behördliche Quarantäneanordnung einem ärztlichen Zeugnis über die Arbeitsunfähigkeit nicht gleich. Denn es ist allein Sache des behandelnden Arztes, die Arbeitsunfähigkeit von Arbeitnehmern zu beurteilen. Zum anderen führt eine Erkrankung - hier die Infektion mit dem Coronavirus - nicht zwingend zur Arbeitsunfähigkeit. Ein symptomloser Virusträger bleibe grundsätzlich arbeitsfähig, wenn es ihm nicht wegen der Quarantäneanordnung verboten wäre zu arbeiten. Daher liegt bei einer Corona-Infektion keine Sachlage vor, die eine entsprechende Anwendung von § 9 BUrlG generell rechtfertigt.

 

Dr. jur. Andreas Bierich, Fachwanwalt für Arbeitsrecht
Handwerkskammer
Dr. jur. Andreas Bierich, Fachwanwalt für Arbeitsrecht



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