Interview mit Klaus DettmarSituation auf dem Ausbildungsmarkt

Viele Betriebe haben Probleme, Auszubildende zu finden oder zu halten. Woran liegt das?

Klaus Dettmar: Wir haben mittlerweile ganz klar einen Bewerbermarkt, in dem die Betriebe merken, dass sich die Suche nach Auszubildenden und deren Ansprache komplett verändert hat und dass sie in die Personalgewinnung mehr investieren müssen, um sich als attraktiver Ausbildungsbetrieb zu präsentieren. So sind zum Beispiel die Anforderungen an die Bewerbung heute deutlich niedrigschwelliger als noch vor Jahren. Wer die klassischen vollständigen Bewerbungsunterlagen einfordert, kann oft lange auf Bewerbungen warten. Diese Hürde ist zu hoch. Das ist etwas, das die so genannte Generation Z in der Regel nicht mehr macht. Stattdessen sollte es die Möglichkeit geben, dass Bewerber schnell Kontakt aufnehmen können, am besten über Handy per Whatsapp. Wenn sich dann jemand meldet, sollte man unmittelbar reagieren und die Kontaktaufnahme nicht aufschieben, sondern den Kandidaten gleich einfach mal zu einem Online-Videochat oder auch Live-Gespräch einladen.

Wie kann der Betrieb verhindern, dass der zukünftige Auszubildende es sich doch noch anders überlegt?

Klaus Dettmar: Von der Unterzeichnung des Ausbildungsvertrages bis zum ersten Arbeitstag können Monate vergehen. Eine kritische Zeit, in der Entscheidungen revidiert werden können. Die Arbeitgeber müssen sich daher verstärkt darum bemühen, die zukünftigen Mitarbeitenden bereits in dieser Zeit an sich zu binden. Das nennt man die Phase des Pre-Boarding. Auch wenn der zukünftige Auszubildende noch nicht im Betrieb arbeitet, kann man ihn zum Beispiel schon zur Betriebsversammlung oder zum Betriebsfest einladen. Wenn er dann nicht kann oder möchte, ist das auch ok, aber er hat zumindest das Signal bekommen, dass er dem Arbeitgeber wichtig ist. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den Kontakt zu halten, dazu gehört beispielsweise auch, ihm zum Geburtstag zu gratulieren, per Brief oder Whatsapp - so ein Gruß kommt gut an. Man kann sich auch vor dem ersten Ausbildungstag dazu verabreden, die Arbeitskleidung oder das Werkzeug auszuhändigen. Man kann eine ganze Menge machen, um eine Anbindung schon im Vorfeld zu entwickeln. Hier sind viele Handwerksbetriebe, auch kleine, schon sehr kreativ.

Wie sollte der Betrieb die erste Zeit in der Ausbildung gestalten?

Klaus Dettmar: Auch und ganz besonders in dieser Phase, dem so genannte On-Boarding, gilt den Auszubildenden eine besondere Aufmerksamkeit. In diesen ersten Wochen verändert sich deren bisheriger Lebens- und Tagesablauf komplett und es gibt viele neue Situationen und Menschen, auf die sich der Auszubildende einstellen muss. Hier sollte der Ausbildungsbetrieb Hilfestellungen geben.

Diese Veränderung hatten auch alle Auszubildenden der Generationen zuvor zu durchleben. Was hat sich geändert?

Klaus Dettmar: Die Generation Z geht heute anders damit um bzw. kann damit anders umgehen. Die Erwartungen sind andere. Warum also dem neuen Auszubildenden oder der Auszubildenden nicht einen Paten oder eine Patin zur Seite stellen, der erster Ansprechpartner ist? Hilfreich ist auch ein konkreter Einarbeitungsplan für die ersten Wochen, der dem Auszubildenden vorgestellt wird. Ebenso helfen Erläuterungen, welche Aufgaben im Betrieb anstehen und welchen Beitrag der Auszubildende dazu leisten kann. So sieht er, dass er gebraucht wird und wichtig ist. Vertrauen Schenken und sachliches Feedback und damit Orientierung geben - so hilft man dem Generation Z´ler Sicherheit zu gewinnen und vermittelt ihm das Gefühl dazuzugehören. Das Signal muss sein: Wir kümmern uns um dich, fachlich, soziokulturell und organisatorisch. Und wir begegnen dir auf Augenhöhe, lassen dich in unserer Gemeinschaft zu und wachsen. Wichtig ist es auch, bei den Auszubildenden dieser nachwachsenden Generation deren so genannten „Work-live-Cut“ zu akzeptieren, also die klare Trennung zwischen Ausbildungszeit und privater Feierabendzeit. Sonst kann es sein, dass der neue Auszubildende ganz schnell wieder weg ist.

 

Kontakt

Klaus Dettmar ist Ihnen bei Fragen gern behilflich Fotostudio Sascha Gramann

Klaus Dettmar

Tel. 04141 6062-88

Mobil 0157 80678959

Fax 04141 6062-90

dettmar--at--hwk-bls.de

Wer die klassischen vollständigen Bewerbungsunterlagen einfordert, kann oft lange auf Bewerbungen warten. Diese Hürde ist zu hoch.