Die Müllermeister Andreas Engel (rechts) und Jonas Engel an einer Mahlwalze.
Andreas Mayen

Andreas und Jonas Engel besetzen erfolgreich Nischen - erneuerbare Energien verringern AbhängigkeitOldendorfer Mühle vor Übergang in vierte Generation

Der rauschende Bach fließt, wie einst im Lied besungen, an der Oldendorfer Mühle vorbei. Die Mühle klappert zwar nicht mehr, doch auch heute noch gewinnen Müllermeister Andreas Engel und sein Sohn Jonas Engel Energie für das Mahlen von Weizen, Roggen und weiteren Getreidesorten aus der Kraft des Wassers. Heute ist es allerdings nicht mehr das alte Wasserrad aus Holz, das die Mahlwerke antreibt. Seit rund 100 Jahren treibt das Wasser einen elektrischen Generator an. "Das alte Wasserrad wurde 1921 abgerissen und durch Generatoren ersetzt", erzählt Jonas Engel. Immerhin 40 Kilowatt leistet der Generator.

Früher gab es praktisch in jedem Dorf eine Mühle, entweder vom Wind oder vom Wasser angetrieben. "Das hat sich geändert, als die Dampfmaschinen aufkamen", sagt Andreas Engel, Inhaber der Oldendorfer Mühle, "dann sind die Mühlen in die Nähe der Verbraucher in den großen Städten gezogen." Der Strukturwandel hat vielen kleinen Mühlen das Leben schwer gemacht. "Noch bis in die 1960er Jahre gab es 60.000 Mühlen in Deutschland, heute sind es 200." 1984 hat Andreas Engel die Mühle in dritter Generation übernommen. In dieser Zeit ging die Konzentration immer weiter. Andreas Engel hat zur rechten Zeit einen radikalen Schwenk vollzogen. Weg von der Massenproduktion, hin zu Spezialprodukten, für die es auch heute noch Nischen am Markt gibt. "Massenprodukte sind austauschbar. Mit unseren Spezialprodukten sind wir heute ausgelastet", sagt Müllermeister Engel.

Der Trend geht zu einer regionalen Wertschöpfungskette

Spezialisierung bedeutet auch Flexibilität. "Aufgrund unserer geringen Größe können wir auch auf kleinere Mengen reagieren", erklärt Andreas Engel. Selbst große Mühlen geben Auftrage für kleinere Chargen oder besondere Körner oder Mahlungen an die Oldendorfer Mühle weiter. Die großen Mühlen fahren häufig m einem Standardprodukt unter Volllast und können ihre Produktion nicht so mal eben umstellen. Andreas Engel: "Unser Handwerk wird wieder ernst genommen." Der Trend geht dabei zu einer regionalen Wertschöpfungskette. Der Bauer lässt sein Korn in der Region mahlen, das dann ein Bäcker zu Brot backt und in seinem Ladengeschäft um die Ecke verkauft. "Wir können in der Oldendorfer Mühle Standardmehle mahlen, aber auch spezielle Kundenwünsche erfüllen."

Aktuell steht ein weiterer Generationenwechsel an. Sohn Jonas Engel ist ebenfalls Müllermeister und hat im Anschluss an seinen Meisterlehrgang Müllereitechnik in Braunschweig studiert. Derzeit befinden sich Vater und Sohn im Planungsprozess für die Betriebsübergabe. „Das machen wir auch mit Unterstützung der Betriebsberatung der Handwerkskammer“, sagt Andreas Engel. Nachfolger Jonas Engel hat schon viele Pläne, die er in der nächsten Zeit angehen will. So plant er den Bau einer 400 Quadratmeter großen Halle mit Absacktechnik und als Lager. "Damit können wir bei der Produktion flexibler werden", erklärt Jonas Engel, "gleichzeitig wird das Dach mit Solaranlagen bestückt."

Müllermeister Jonas Engel an einer Absackmaschine zum Auffüllen derMehlsäcke.
Andreas Mayen

Erneuerbare Energien und moderne Regeltechnik erhöhen Energieautarkie

Schon mit dem Generator kann die Oldendorfer Mühle ein Viertel ihres Energiebedarfs aus erneuerbaren Energien decken. Der Anteil an selbstproduzierter elektrischer Energie aus erneuerbaren Quellen soll nicht nur durch die Solarzellen steigen. Mit Hilfe neuer Maschinen mit optimiertem Gebläse und moderner Regel- und Steuerungstechnik soll die benötigte Energie pro Tonne weiter reduziert und damit der energetische Autarkiegrad des Unternehmens erhöht werden.

Die handwerkliche Größe des Unternehmens bietet viele Vorteile am Markt. "Wir sind flexibel und schnell", sagt Jonas Engel. Dadurch ist auch immer Platz für innovative Produkte. Ein Beispiel ist Buchweizen, der lange Zeit nicht gefragt war. "Heute ist Buchweizen der Hype. Mit Buchweizen aus regionalem Anbau können wir punkten," erklärt Andreas Engel. Aus dem Nischenprodukt ist ein ernstzunehmendes Teil des Sortiments geworden. Ein weiteres Beispiel für eine erfolgreiche Nische sind gelbe Backerbsen als Sojaersatz.

Mehr Produktvielfalt verbessert die Bodenqualität auf den Feldern

"Die Oldendorfer Mühle mahlt mehr Produkte als gedacht", meint Jonas Engel, "wir können alles verarbeiten, was Getreide ist oder getreideähnlich." Das hat auch positive Auswirkungen auf die Bodenqualität auf den Feldern. "Unterschiedliche Produkte sind besser für die Fruchtfolge. Roggen zieht andere Nährstoffe als Weizen. Das hilft am Ende allen."