Symbolbild Müsli und Früchte - Gesundheit
PhotoSG - Fotolia.com

Interview mit Marion Höppner, Raumausstattermeisterin und Trainerin für psychische Gesundheit im Handwerk, zum Thema Gesundheit im Betrieb.Gesundheit im Betrieb

Warum sollten sich Betriebsinhabende mit der Gesundheit der eigenen Mitarbeitenden auseinandersetzen?

Marion Höppner: Die Gesundheit der eigenen Mitarbeitenden ist eine der wichtigen Säulen eines Unternehmens, neben dem fachlichen Können oder dem betriebswirtschaftlichen Denken. Sie dient wie die anderen Faktoren dem Erfolg des Betriebs. Wenn ein Mitarbeiter wegen Krankheit ausfällt, dann hat das ganz konkrete betriebliche Auswirkungen: Die Planung muss angepasst werden, Aufträge müssen neu koordiniert werden, Kollegen müssen Über-stunden leisten, Kunden können verärgert sein usw. Also schlicht gesagt: Krankheit kostet den Betrieb mehr Geld als nur die ausfallende Arbeitszeit.

Wie aufwändig ist die Einführung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements?

Marion Höppner: Aufwändig ist meist der erste Schritt, also sich überhaupt erstmal mit diesem komplexen Thema auseinanderzusetzen und zu entscheiden, was für den Betrieb, die Mitarbeitenden und die Geschäftsführung nützlich ist. Ist dieser Schritt vollzogen und hat man es geschafft, seine Leute mit ins Boot zu holen, dann erleben alle recht schnell, dass das betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) ein Prozess ist, der positive Veränderung schafft. Konkret wird das BGM mit Hilfe externer Berater in einem mehrstufigen Verfahren eingeführt. Die Stufen bestehen aus Bestandsaufnahme, Analyse, Ableitung realistischer Ziele und schließlich Auswahl geeigneter Maßnahmen. Maßgeblich ist dabei, was für den je eigenen Betrieb sinnvoll ist. Bei dem einen sind es Tipps rund um das ergonomische Arbeiten am Arbeitsplatz, bei dem anderen arbeiten vielleicht zwei Montage-Trupps gegeneinander, was erst durch eine Nachkalkulation sichtbar wird. In diesem Fall wäre ein Team-Training angebracht.

Marion Höppner ist Raumausstattermeisterin und Trainerin für psychische Gesundheit im Handwerk.
Privat

Wie wichtig ist neben der physischen auch die psychi- sche Gesundheit der Mitarbeitenden?

Marion Höppner: Sie ist sehr wichtig. Ich erlebe immer wieder, dass penibel darauf geachtet wird, dass die Bohrmaschine funktioniert, das Gerüst sicher aufgestellt ist und der Kompressor regelmäßig zur Wartung kommt. Auf der anderen Seite werden bei den Mitarbeitenden »Medikamenten-Doping« oder »Präsentismus«, also Arbeiten trotz Krankheit, oftmals als selbstverständlich hingenommen. Auch die Themen Burnout, Alkoholsucht oder schlechte Kommunikation sind vielen Arbeitgebern bekannt. Doch heißt das nicht, dass sie im eigenen Betrieb gesehen werden. Erst wenn man Krankheitstage in Beziehung zum Unternehmen setzt, können die eigenen Baustellen sichtbar werden. Dieser Punkt kann der erste wichtige Schritt zur »Prävention für die psychische Gesundheit« sein. Das erfordert die Bereitschaft, sich die eigenen Problemfelder offen anzuschauen und sie verändern zu wollen.

Inwiefern hat sich die Coronapandemie auf die Gesund- heit der Mitarbeitenden ausgewirkt?

Marion Höppner: Das Maß der Auswirkung ist auch im Handwerk groß! Das Ludwig-Fröhler-Institut hat in Kooperation mit der Technischen Universität München die Auswirkung auf das Handwerk untersucht und Vergleiche zur Finanzkrise 2008/2009 gezogen. Es kam zu dem Schluss, dass von allen Akteuren eine maximale Kraftanstrengung zur Überwindung erfolgte, was den Kreis wieder schließt: Vom Chef bis zum Auszubildenden - sie alle können diesen enormen Kraftakt gut vollbringen, wenn sie körperlich, mental und seelisch gesund sind.

Wie sollte sich ein Betriebsinhaber bei einem Verdacht auf psychische Gesundheitsprobleme eines Mitarbeitenden verhalten?

Marion Höppner: Beim Verdacht auf ein mögliches Gesundheitsproblem ist ein Gespräch notwendig. Wichtig ist eine gute Vorbereitung, sich der eigenen Rolle im Gespräch bewusst zu sein, mögliche Hilfsangebote zu kennen und gelassen zu bleiben. Weiter erforderlich ist ein Grundwissen über psychische Gesundheit am Arbeitsplatz, Menschenkenntnis und wertschätzende Kommunikation. Und auch die innere Flexibilität, um auf unerwartete Antworten souverän reagieren zu können. Verschiedene Meinungen dürfen nebeneinanderstehen, damit der Veränderungsprozess entstehen kann. Doch es gilt auch, sich bewusst zu machen, dass ein Gespräch alleine unter Umständen nicht ausreichend ist. Ja, es ist eine wichtige Aufgabe der Führungspersonen, sich für die psychische Gesundheit im Betrieb einzusetzen und bei Fragen und Unklarheiten auch selbst eine Beratung in Anspruch zu nehmen.