Interview mit Wiebke BerlinDigitalisierung im Handwerk

Auf einer Skala von Eins bis Zehn: Wie digital ist das Handwerk?

Wiebke Berlin: Das ist schwer zu beantworten. Es gibt Betriebe, denen würde ich eine glatte Zehn geben, es gibt aber auch Betriebe, die am unteren Rand der Skala liegen. Insgesamt nutzen aber mittlerweile zwei Drittel aller Handwerksbetriebe in Deutschland digitale Technologien und Anwendungen. Vor zwei Jahren waren es noch deutlich weniger. Eine große Mehrheit unserer Betriebe hat also bereits erkannt, dass die Chancen der Digitalisierung überwiegen und zur Sicherung der Existenz und Zukunftsfähigkeit beitragen.

Welche Technologien werden vor allem genutzt?

Wiebke Berlin: Fast die Hälfte der Handwerksunternehmen nutzen Cloud Computing. Beliebt sind auch Trackingsysteme, mit denen sich Maschinen und Betriebsmittel nachverfolgen lassen, und die vorrausschauende Wartung, bei der mit Sensoren und Datenanalyse drohende Ausfälle von Anlagen frühzeitig erkannt werden. 3D-Technologie und Drohnen sind bei rund neun Prozent der Betriebe im Einsatz. Kaum verbreitet sind aber bislang Roboter, Augmented Reality und Künstliche Intelligenz.

Was sind denn die Vorteile digitaler Technologien?

Wiebke Berlin: Die Potenziale, die sich für Betriebe durch die Digitalisierung erschließen, sind sehr vielfältig. Digitale Tools und Anwendungen können sowohl kleine als auch große Unternehmen unterstützen. Die Nutzung digitaler Technologien und Anwendungen zahlt sich dabei direkt auf die tägliche Arbeit der Handwerksbetriebe aus, nämlich in Form von Zeitersparnis, optimierter Lagerung und Logistik sowie einer flexibleren Arbeitsorganisation. Körperliche Entlastung der Mitarbeitenden spielt natürlich ebenfalls eine große Rolle.

Was sollten Betriebe beachten, die digitale Technologien einführen wollen?

Wiebke Berlin: Wichtig ist es, die Mitarbeitenden von Anfang an mitzunehmen. Viele Digitalisierungsprojekte scheitern nämlich aufgrund der fehlenden Akzeptanz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Deshalb sollten Ängste oder Skepsis, z. B. aufgrund fehlender Erfahrung oder der Sorge vor Überwachung ernst genommen und die Belegschaft frühzeitig in Digitalisierungsprozesse eingebunden werden. Dabei kann es auch helfen, den konkreten Mehrwert aufzuzeigen, den die Mitarbeitenden und der Betrieb am Ende durch die Digitalisierungsmaßnahme haben werden.

Und wie sollte ein Betrieb konkret vorgehen?

Wiebke Berlin: Auch bei der Digitalisierung gilt: Ohne Strategie geht es nicht. Den Auftakt sollte daher eine Analyse der Ausgangssituation machen. Dazu gibt es ein hilfreiches Online-Tool, die „Bedarfsanalyse Digitales Handwerk“. Das ist ein Digitalisierungs-Check, der bei der Erarbeitung des individuellen betrieblichen Digitalisierungsstandes hilft und als Werkzeug zur digitalen Weiterentwicklung dient. Außerdem sollten Betriebsinhaberinnen und -inhaber klar definieren, welche Ziele sie mit der digitalen Technologie erreichen wollen. Und sie sollten sich Unterstützung von externen Beratern und Organisationen holen, zum Beispiel von der Handwerkskammer. Wir können sowohl bei der erstmaligen Digitalisierung eines Prozesses als auch bei der betrieblichen IT Sicherheit und dem Datenschutz sowie der digitalen Markterschließung Tipps und Hilfe zur konkreten Umsetzung geben.



Weitere Informationen:

  www.bedarfsanalyse-handwerk.de

 

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