Wird ein Arbeitnehmer krank, braucht er eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
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Rechtsanwalt Dr. jur. Andreas Bierich informiertDie Kündigung des Arbeitnehmers und der "Gelbe Schein"

Jedes Jahr werden für Arbeitnehmer Millionen von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU) ausgestellt. Der einzelnen AU kommt gegenüber dem Arbeitgeber als Beweismittel ein hoher Beweiswert zu. Der Arbeitgeber kann aber diesen Beweiswert erschüttern, wenn er tatsächliche Umstände darlegt und beweist, die Anlass zu ernsthaften Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers geben. Das gelingt aber nur selten - und zwar auch in den Fällen, in denen sich der Arbeitnehmer nach seiner Eigenkündigung krankschreiben lässt. Doch jetzt erschwert ein neues Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Beschluss v. 08.09.2021, AZ: 5 AZR 149/21) das „Blaumachen“ nach der Kündigung.

Der Fall: Ein Arbeitnehmer kündigte am 08.02.2019 sein Arbeitsverhältnis zum 22.02.2019 und legte seinem Arbeitgeber eine auf den 08.02.2019 datierte, als Erstbescheinigung gekennzeichnete AU vor - passgenau bis zum 22.09.2019. Der Arbeitgeber verweigerte daraufhin die Entgeltfortzahlung.
Zu Recht, so die Richter des BAG im Gegensatz zu den Vorinstanzen. Zwar habe der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit zunächst durch die vorgelegte AU nachgewiesen. Allerdings begründe die zeitlich mit der Kündigungsfrist deckungsgleiche AU ernsthafte Zweifel an der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit. Der Arbeitnehmer müsse in solch einem Fall konkret darlegen und beweisen, dass er tatsächlich arbeitsunfähig war - was eine Umkehr der Beweislast bedeutet. Die Entbindung des behandelnden Arztes von seiner Schweigepflicht und die sich anschließende Vernehmung als Zeuge sei diesbezüglich ein geeignetes Beweismittel für die tatsächliche Arbeitsunfähigkeit. Zwar habe der Arbeitnehmer im Prozess geltend gemacht, er sei ordnungsgemäß krankgeschrieben gewesen. Das Bestehen seiner Arbeitsunfähigkeit habe der Arbeitnehmer - auch nach Hinweis des Gerichts - aber nicht hinreichend konkret dargelegt. Seine Zahlungsklage wurde daher zu Recht abgewiesen.

Fazit: Das Urteil des BAG stärkt die Rechtsposition des Arbeitgebers beim „Blaumachen“. Und wohl auch dann, wenn der Arbeitgeber kündigt und der Arbeitnehmer sich anschließend krankschreiben lässt.

Dr. jur. Andreas Bierich, Fachwanwalt für Arbeitsrecht
Schmitz / Handwerkskammer
Dr. jur. Andreas Bierich, Fachwanwalt für Arbeitsrecht



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